Letzte Woche gab es einen schönen Artikel bei Focus online über Frohleins Reise. Hier könnt ihr ihn lesen: > Zum Focus Artikel
Sie arbeitet in der Werbebranche, liebt neue Medien und fühlt sich in der schnelllebigen, digitalen Welt wohl. Doch das Leben zieht ihr zu schnell vorbei. Deshalb fährt Bianca Schäb nun mit 13 PS in einem Goggo durch Deutschland und sucht dabei nach Entschleunigung.
„Während die anderen Autofahrer – die Beschleuniger – blühende Mohnfelder als rote Suppe wahrnehmen, kann ich dahingegen einzelne Blumen zählen, die Natur genießen, mich entspannen und wohlfühlen.“ Bianca Schäb ist 29 Jahre, wird Bibi genannt und lebt derzeit in Hamburg. Sie arbeitet als Art Director in einer Werbeagentur und möchte wissen, wie sie die Zeit entschleunigen kann, damit ihr das Leben wieder länger vorkommt. Am 5. Juli startet ihre Entschleunigungs-Reise durch Deutschland. Mit einem Goggomobil, welches nur 13 PS hat, wird sie quer durch das Land reisen und dabei Menschen begegnen, die ihr etwas zum Thema Entschleunigung sagen werden. Entschleunigung ist die Antwort auf unsere hektische und schnelllebige Welt. Bibi möchte keine Aussteigerin werden, sondern einen Weg finden, das Leben wieder zu verlangsamen. FOCUS Online Berlin sprach mit ihr über ihre „Einladung zur Entschleunigung“.
Bianca Schäb:Seitdem ich Teil der Arbeitswelt bin, habe ich das Gefühl, dass mein Leben nur so an mir vorbeizieht. Alles ist durchgetaktet und man funktioniert einfach nur. Doch wenn ich in meinem Auto, dem Goggomobil sitze, habe ich das Gefühl, alle Zeit der Welt zu haben. Das erschien mir passend für einen solchen Trip.
FOCUS Online:Wie sind Sie an die Planung der Reise herangegangen?
Bianca Schäb:Für mich war es wichtig, dass ich es mir leisten kann, in einen solchen Zeitraum kein Geld zu verdienen. Ich habe also gespart. Ich bin definitiv jemand, der einen Plan braucht. Also, habe ich mir die Deutschlandkarte angeschaut und analysiert, wie ich fahren kann. Dann habe ich zum Thema Entschleunigung recherchiert und geschaut, wen man dazu auf dem Weg befragen könnte. Meine eigentliche Route hatte ich allerdings bereits nach zwei Stunden zusammen.
FOCUS Online:Wussten Sie sofort, wie Ihre Entschleunigungsreise aussehen würde?
Bianca Schäb:Nein! Ich habe am Anfang ein paar Menschen davon erzählt und relativ schnell gemerkt, dass das ein Thema ist, dass viele beschäftigt. Ich denke, jeder hat dazu etwas zu sagen und kann mir gute Tipps geben. Die Reise soll sich entwickeln und deshalb wollte ich auch nicht zu viel festlegen.
FOCUS Online:Wissen Sie denn schon, was Entschleunigung für Sie persönlich bedeutet?
Bianca Schäb:Ich kann bis heute keine Antwort darauf geben. Ich weiß aber zumindest, was Entschleunigung für mich nicht ist. Es ist für mich kein Verzicht auf etwas. Ich habe zwar das Gefühl meinem Leben etwas Beschleunigung wegnehmen zu müssen, jedoch ohne aus dem Leben auszusteigen.
FOCUS Online:Gab es eine Art Schlüsselerlebnis, welches dazu führte zu sagen: Ich entschleunige jetzt?
Bianca Schäb:Ich habe eingesehen, dass niemand mir einen Fluxkompensator bauen kann, mit dem ich in der Zeit vor- und zurückreisen kann und deshalb sehe ich mich jetzt nach anderen Methoden um. Es ist jedoch nicht so, dass ich kurz vor dem Burnout stehe oder super gestresst bin. Ich wollte einfach nur, dass mir mein Leben wieder länger vorkommt.
FOCUS Online:Was genau meinen Sie damit?
Bianca Schäb:Die ersten 18 Jahre im Leben kommen jedem Menschen extrem lang vor. Vieles erlebt man in diesen Jahren zum ersten Mal, danach gewöhnt man sich an die Dinge. Und plötzlich geht es Schlag auf Schlag und man fragt sich, wo die vergangenen zehn Jahre geblieben sind. Meine Motivation für die Reise ist also auch zu schauen, was ich tun kann, damit mir mein Leben wieder länger vorkommt.
FOCUS Online:Hat das etwas mit einer Art Krise zu tun, die viele Menschen kurz vor ihrem 30. Lebensjahr spüren?
Bianca Schäb:So weit habe ich nicht gedacht. Klar, hat man früher gedacht mit 30 hätte man einen Plan von Leben. Dann ist man 30 und stellt fest, man ist immer noch nicht erwachsen. Aber das war kein Grund für mich.
FOCUS Online:Für viele Menschen bedeutet Entschleunigung beispielsweise in ein Schweigekloster nach Indien zu fahren und zwei Wochen zu ruhen. Wäre das für Sie auch denkbar gewesen?
Bianca Schäb:Ich habe Flugangst, also kam so etwas nicht in Frage. Zumindest nicht so weit weg. Ich finde ein Schweigekloster an sich zwar interessant, aber das berücksichtigt für mich wieder nur eine Facette des Ganzen. Außerdem geht es hierbei auch nur um einen kurzen Zeitraum, der sehr extrem ist und eben nicht um die mögliche Umstellung des gesamten Lebens. Ich werde auf meiner Reise aber durchaus auch eine Burnout-Klinik besuchen und auch einen Tag im Schweigekloster verbringen, um mir das genauer anzusehen.
FOCUS Online:Was ist das Ziel Ihrer Reise?
Bianca Schäb:Ich möchte möglichst viele Facetten der Entschleunigung sehen – gerne auch Varianten, die ich selbst niemals machen würde. Ich bin offen für alles und schaue mir alles an. Mein Ziel ist es eine Art der Entschleunigung zu finden, die in mein „normales“ Leben integriert werden kann. Ich habe nicht vor auszusteigen und auf einer einsamen Insel ohne Internet zu leben. Ich glaube, dass man durch den bewussten Einsaz neuer Medien, sogar Entschleunigung erreichen kann. Ich werde eine Kamera auf dem Dach des Goggos anbringen, die meine Fahrt mitfilmt. Ziel ist es, damit eine Art Slow TV zu senden. Jeder kann einschalten und mit mir herumfahren. Es soll auch eine Webserie geben, in der ich meine Erlebnisse auf der Tour teile.
FOCUS Online:Entschleunigung bedeutet also auch, einen gesunden Umgang mit den neuen Medienformen zu erlernen?
Bianca Schäb:Genau! Gerade unsere Generation, die Generation Y, muss einen richtigen Umgang mit all diesen Dingen noch lernen, damit dieser Umgang in den Alltag integriert werden kann und wir alle weniger gestresst sind.
FOCUS Online:Warum reisen Sie in einem Goggomobil?
Bianca Schäb:Ein Goggo ist sehr klein und sehr langsam. Es hat gerade einmal 13 PS. Außerdem hängt noch ein Wohnwagen dran – in dem ich auch übernachten werde –, was das gesamte Gespann noch langsamer macht. Das Thema Entschleunigung passt also ziemlich gut zu meinem Gefährt.
FOCUS Online:Wie kamen Sie auf ein solches Goggomobil?
Bianca Schäb:Mein eigenes Goggomobil ist aus dem Jahre 1969. Ich besitze es bereits seit acht Jahren.
FOCUS Online:Das bedeutet, Sie haben sich das Goggo nicht extra für die Reise angelegt?
Bianca Schäb:Nein, ich fahre schon seit einer Ewigkeit damit herum. Ich bin sogar mit dem Goggo umgezogen. Von Frankfurt nach Hamburg in drei Tagen. Zu meinem 18.Geburtstag habe ich mir damals ein Goggo gewünscht. Aber meine Eltern hielten das zu diesen Zeitpunkt für keine gute Idee. Doch ich habe dann Geld gespart und es mir später trotzdem gekauft.
FOCUS Online:Und Ihr Goggo läuft noch ohne Probleme?
Bianca Schäb:Wenn man es eilig hat, hat man meistens auch eine Panne. Man wird sozusagen immer mal zwangs-entschleunigt Aber der Weg ist ja das Ziel und grundsätzlich läuft es ohne größere Probleme. Das Goggo hat keine Tankanzeige. Das bedeutet, man sollte sich immer notieren, wann und wie viel man getankt hat. Außerdem muss das Benzin gemischt werden, was immer auch ein wenig Zeit in Anspruch nimmt. Schön ist aber, dass man bei jedem Tankstellenbesuch mit anderen Reisenden ins Gespräch kommt. Mit einem solchen Gefährt erlebt man immer etwas!
FOCUS Online:Sie verreisen nicht allein. Wer begleitet Sie?
Bianca Schäb:Ein befreundeter Kameramann, Christian Kühn, dem ich von meiner Idee erzählte, sagte sofort: Geiles Projekt, ich komme mit! Inzwischen haben wir drei Firmen gewinnen können, die uns bei der Umsetzung dieses Projekts unterstützen. Leider führt der technische Aufwand, der dafür nötig wird, zu einigen Mehrkosten, die ursprünglich nicht eingeplant waren. Daher haben wir auf unserer Webseite einen Crowdfunding-Aufruf gestartet, über den man uns unterstützen kann. Ich finde den Gedanken sehr schön, dass wir aus der Crowd – also der Öffentlichkeit – Unterstützung bekommen, um die Tour auch der Öffentlichkeit zugänglich machen zu können. Wir haben uns ein paar sehr schöne Dinge überlegt und sind gespannt, wie es beim Publikum ankommen wird.
FOCUS Online:Sind Ihnen jemals Zweifel aufgekommen bei der Planung der Reise?
Bianca Schäb:Ich habe gleich von Anfang an viel Positives erfahren, viele positive Reaktionen erhalten, sodass mir die Angst alleine durch die Gegend zu tuckern, genommen wurde. Über die mögliche Langeweile habe ich mir jedoch durchaus Gedanken gemacht. Deshalb gehört zu meinem Konzept auch, dass mein rechter Platz frei ist und wer Lust hat mit mir mitzufahren, darf das sehr gerne tun. Jeder ist herzlich eingeladen mich ein Stück weit zu begleiten. Ich habe Angst im Dunkeln und bin somit froh über jeden Beifahrer.
FOCUS Online:Wo geht es los und wohin führt die Reise?
Bianca Schäb:Wir starten in Bayern und fahren von dort aus einmal quer durch das Land gen Norden. Der eigentliche Starttermin wurde etwas nach hinten verschoben, weil leider eine erhoffte Förderung für digitale Medien nicht zustande kam und wir somit plötzlich vor einer größeren Finanzierungslücke standen. Diese versuchen wir nun über das Crowdfunding zu schließen. Auf unserer Website kann man auch die gesamte Tour verfolgen, die am 5. Juli startet. Bis dahin werden wir dort auch immer wieder spannende Neuigkeiten posten.